(Quelle: Gesundheit Steiermark)
Experten warnen: psychische Erkrankungen entwickeln sich zu den häufigsten, kostspieligsten und nachteiligsten Erkrankungen
Steirische Notschlafstellen sind zu 70 Prozent mit Menschen die unter psychischen Beeinträchtigungen leiden gefüllt, fast eine Viertel Million Steirer durchleidend einmal im Leben eine Depression - psychische Erkrankungen werden zu einer der größten medizinischen und politischen Herausforderungen der Zukunft.
Psychische Erkrankungen entwickeln sich immer mehr zum Volksleiden: „Rund 250.000 Steirer durchleben im Laufe ihres Lebens eine depressive Phase, bis zu 120.000 gelten als depressiv", zeichnet Primarius Univ.-Doz. Dr. Michael Lehofer, Vorstand der psychiatrischen Abteilung an der Landesnervenklinik Sigmund Freud, ein bedenkliches Szenarium. Und Univ.-Prof. DDr. Hans-Peter Kapfhammer, Leiter der Psychiatrie am LKH Graz betont: Depressionen entwickeln sich zu den kostspieligsten und nachteiligsten Krankheiten hin - nicht zuletzt deshalb, weil sie auch eine Reihe sekundärer Probleme wie Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes usw. nach sich ziehen."
Laut WHO wird die Depression bereits in vier Jahren die häufigste schwere Erkrankung sein. Schon jetzt sind in der Steiermark Notschlafstellen bis zu 70 Prozent mit Menschen, die an psychischen Beeinträchtigungen leiden gefüllt - für das Personal eine Aufgabe, für die es nicht ausgebildet ist. „Wenn Menschen zu uns kommen die unter Wahnvorstellungen leiden, die Stimmen hören und sich verfolgt fühlen, dann sind wir schlichtweg überfordert", macht etwa Margret Gräßl vom „VinziTel" auf eines von vielen Problemen mit psychisch Kranken aufmerksam. Psychische Beeinträchtigungen stellen in der Steiermark mittlerweile nach Problemen mit dem Bewegungs- und Stützapparat auch die zweithäufigste Ursache für eine Frühpensionierung dar. Kapfhammer: „Die WHO hat die Depression sogar zur Krankheit des Jahrhunderts ausgerufen!"
In Wien haben Experten dieser Tage erstmals verlässliche Daten in Bezug auf die Kosten von psychischen Erkrankungen in Österreich vorgelegt. Für die Berechnung wurden epidemiologische und gesundheitsökonomische Studien aus 28 europäischen Ländern herangezogen („Cost of Disorders of the Brain in Europe"-Studie)
Zu den Details:
- Psychische Erkrankungen sind enorm im Steigen, nur ein Bruchteil der Patienten steht jedoch in längerfristiger professioneller Betreuung!
- Nur fünf psychische Erkrankungen verursachen in Österreich jährlich Kosten von 7,6 Milliarden Euro - für jeden Österreicher entstehen damit pro Jahr Kosten in der Höhe von 888 Euro. Diese Erkrankungen sind: Abhängigkeit, affektive Erkrankungen (Depression oder bipolare Störungen), Angsterkrankungen, Demenz und Psychosen!
- Ganze 31 Prozent von diesen Gesamtkosten entfallen auf Arbeitsausfälle in Folge von Krankenständen, 21 Prozent auf Krankenhausbehandlungen und nur 3 Prozent auf Medikamente!
- 460 Krankenstandstage pro 1.000 Beschäftigte pro Jahr werden durch psychische Erkrankungen verursacht!
- Die höchsten jährlichen Kosten pro Krankheitsfall verursachen Demenzerkrankungen (13.635 Euro) und Psychosen (9.487 Euro)!
Besonders Demenzerkrankungen werden sich in den kommenden Jahren rasant entwickeln. Waren es im Jahr 2000 rund 90.500 Krankheitsfälle, die durch Demenzen aufgetreten sind, werden es im Jahr 2010 schon 108.400 und im Jahr 2050 sogar 233.800 sein.
Experten fordern deshalb:
- Ausbau der Rehabilitation!
- Rückfälle vermeiden! Sozialpsychiatrische Therapien können neben Medikamenten und Psychotherapie dazu beitragen, wiederholte Spitalsaufenthalte zu vermeiden!
- Psychische Elemente im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung müssen ausgebaut werden!
- Psychisch Kranke müssen besser abgesichert werden!
- Verstärkter Einsatz von modernen Arzneimitteln - das kann die Gesamtbehandlungskosten verringern helfen!
Kapfhammer: „Vor allem Allgemeinmediziner und Internisten müssen in Sachen psychische Erkrankungen verstärkt sensibilisiert werden, immerhin nehmen rund 80 Prozent der Betroffenen mit ihnen den ersten Kontakt auf. Hier ist aber in der Steiermark erfreulicherweise einiges in Entwicklung."